Michael Morgner
4 x 4800 x 3000
Seit dem 1. Juni 2014 sind im nördlichen Seitenschiff vier große Werke des chemnitzer Künstlers Michael Morgner (* 1942) angebracht. Er hat die vier Bilder "Urknall - Kreuzigung - Höllensturz - Auferstehung" für den Meißner Dom geschaffen und gestiftet.
Die vier Bilder von Michael Morgner sind gekennzeichnet durch ihre Monumentalität und die Kraft ihrer Hell-Dunkel-Wirkung. Man spürt, dass hier ein „Graphiker“ am Werk war, der Zeit seines Lebens seine Wirkung durch Schwarz und Weiß mit unendlich feinen Differenzierungen von Zwischenwerten in grauen und braunen Tönen zu erzielen weiß. Hinzu kommt, dass Morgner schon seit Jahrzehnten mit „Aufreißen“ und „Waschen“ von Papierschichten den Eindruck eines feinen Reliefs im Material zu erzielen weiß. Er arbeitet von einer jeweils dunkleren oberen Schicht auf eine hellere untere zurück, mit „Collage“ und „Decollage“ erreicht er ein Bild von unendlicher Vielfalt und von feinem Relief in der graphischen Wirkung. So spielen im Detail auch Zufälle der „Machart“ eine Rolle. Trotzdem ist die Dominanz der Komposition nie aus dem Auge gelassen, was zum Eindruck der Monumentalität der Bilder wesentlich beiträgt. In den Raum des Meißner Doms ordnen sich die vier Bilder vor allem durch ihr Format und ihre Farbigkeit ein. … Ihre Zurückhaltung in Farbe und Form, die Bedeutsamkeit ihrer Komposition und nicht zuletzt die Allgemeingültigkeit ihrer religiösen Aussage „passen“ zur Innenarchitektur des Meißner Doms. Das heißt aber nicht, dass sie „angepasst“ sind. Sie widerlegen aber die Auffassung als irrig, die „Moderne“ nur im Kontra zum Historischen zur Wirkung gelangen können. Hier verhilft die strenge gotische Architektur den neuen Bildern ganz wesentlich zu ihrer künstlerischen Wirksamkeit. Aber auch dem historischen Raum wird – wenigstens ahnungsweise – eine verlorene Dimension zurückgegeben, ein in Bildern gestaltetes geistiges und geistliches Leben.
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Urknall
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Kreuzigung
Am deutlichsten folgt Morgner im zweiten Bild, der „Kreuzigung“, der christlichen Tradition. Hier ist der zu Tode gequälte Mensch deutlich erkennbar. Damit setzt Morgner ein Thema fort, das er immer wieder behandelt hat. Der Gekreuzigte ist der eigentliche „Ecce Homo“ oder die „Reliquie Mensch“. Sie muss immer wieder gezeigt werden. Auch in diesem Bild glaubt man eine Vervielfachung des Leidenden zu erkennen und ein Mitleid des Kosmos, die Verfinsterung der Welt.
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Höllensturz
Das dritte Bild nennt der Künstler „Höllensturz“. Dabei denkt man zunächst an das Thema des Weltuntergangs am „Tag des Zorns“. Betrachtet man aber das Bild genauer, wird man gewahr, dass die Lichterscheinung, die von oben her in das Bild einbricht, eine Gegenbewegung nach oben hervorzurufen scheint, sodass es keineswegs abwegig ist, bei dem Bild auch an das Thema der „Höllenfahrt Christi“ zu denken. Christus erlöst die Gläubigen des Alten Bundes aus dem Reich des Todes. Das ist nach der Tradition das eigentlich ikonographische Thema von Ostern. …
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Auferstehung
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Michael Morgner
1942 in Chemnitz geboren
1961-66 Studium an der Hochschule für Grafik und Buchkunst Leipzig
1977-82 Mitglied der Künstlergruppe „clara mosch“
1981 Aktion „M. überschreitet den See bei Gallenthin“
seit 1982 serielle Arbeiten
1984 erste Arbeiten zu Ecce Homo und Tageszeiten – Jahreszeiten
1986 Tod seiner Frau Dörte; Ecce-Homo-Zyklus, Totentanz-Darstellungen
seit 1988 Thema Requiem
1992 Mitglied der Sächsischen Akademie der Künste und der freien Akademie der Künste, Leipzig
1994 Gründungsmitglied des Vereins „Kunst für Chemnitz“
1995 erste Skulpturen in Stahl
seit 1999 erstmals wieder farbige Maltechniken
2000 erster Schreitender in Stahl, Stahlskulptur am Museumsufer in Frankfurt/M., Werkverzeichnis für Graphik (Hg. Klaus Werner)
2001 bisher größte Stahlarbeit „Spannung“
2002 Kemberger Altar für die Kunstsammlungen des Bistums Würzburg
2003 Flügelaltar und Stahlplastik im Diözesan-Museum Würzburg
2004 Gewinn des Plastikwettbewerbes von Biocity Leipzig
2006 Kunstpreis der Stiftung Christliche Kunst in Wittenberg
2012 Gerhard-Altenbourg Preis
2018 Schmidt-Rottluff Kunstpreis, ChemnitzMichael Morgner lebt in Einsiedel bei Chemnitz
Texte:
Heinrich Magirius in „Michael Morgner – im Widerschein des Lichts“, Wien 2016, Her.: Thomas Weckerle, Ulrich Kavka, S 74 f.
Das Buch „Michael Morgner – im Widerschein des Lichts“ ist im Dom-Laden zum Preis von 39,95 € erhältlich (DIN A 4 gebunden, 152 Seiten, aufwändige Verarbeitung, inkl. 2 Video-DVDs)