Gedanken zur Jahreslosung 2024

10.01.2024 | 10:00 Uhr

Ein neues Jahr hat begonnen und es ist gute Tradition, dass wir mit der Jahreslosung den Übergang vom Alten zum Neuen bedenken.

Sie klingt harmonisch und leicht, die Jahreslosung für 2024: "Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe." (1. Korinther 16,14). Doch im Kontext gelesen und in unsere Zeit hineingesprochen ist dieser Vers ein enormer Anspruch.
In der von Paulus um 50 n.Chr. gegründeten christlichen Gemeinde in Korinth ging es drunter und drüber. Paulus musste ein Machtwort sprechen. Menschen aus verschiedenen Kulturen trafen hier zusammen, es kam zu Spannungen und Konflikten, und manche waren unsicher, was ihnen nach dem christlichen Glauben erlaubt war und was nicht.

Einige Jahre nach der Gemeindegründung sah sich der Apostel veranlasst, seiner Gemeinde zwei Briefe zu schicken, um ihnen Orientierung zu geben. Seinen ersten Brief schließt Paulus mit Ermahnungen und Grüßen, und in diesem Schlussteil findet sich der Vers, der zur Jahreslosung für 2024 geworden ist: "Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe." Für Liebe steht in dem Vers das Wort "Agape", die uneigennützige, zwischenmenschliche Liebe. Die Rede von der Agape, in der sich die göttliche mit der zwischenmenschlichen Liebe verbindet, zieht sich durch das gesamte Neue Testament, besonders beim Evangelisten Johannes: "Wie mich mein Vater liebt, so liebe ich euch auch. Bleibt in meiner Liebe! Das ist mein Gebot, dass ihr euch untereinander liebt, wie ich euch liebe." (Johannes 15,9-12)

Liebe als Gebot! Das lässt viele Fragen offen. Kann man Liebe vom Gefühl lösen und einen anderen Menschen willentlich und bewusst "lieben"? Liebe ist in diesem Sinne eben keine Emotion, sondern eine Lebenshaltung, die sich aus Gottes Liebe speist und aus der sich Worte und Taten ergeben. Sie ist ein lebenslangen Übungsfeld und könnte z.B. meinen: Wenn ich morgens aus der Haustür gehe mit dem Bewusstsein: Ich will andere Menschen anschauen als von Gott geliebte Menschen, dann kann ich einen anderen Menschen ertragen, auch wenn er mich noch so sehr nervt. Denn aus einem Grund, den ich niemals verstehen werde, liebt Gott diesen Menschen. Das ist ein hoher Anspruch. Wenn viele Menschen dies aber beherzigen würden, könnte die Welt friedlicher sein. Dabei geht es gar nicht um die großen Gefühle. Es reicht eigentlich schon, liebevoller miteinander umzugehen – das heißt: freundlicher und respektvoller. Damit wäre schon viel gewonnen.

Ich wünsche Ihnen von Herzen für das neue Jahr 2024, dass Sie die Liebe Gottes als eine Kraftquelle für ihr Leben erfahren. Gott stärke Sie in allem, was Sie an Lasten und Belastungen zu tragen haben – durch Geistkraft und liebevolle Menschen an Ihrer Seite. Helfe Gott Ihnen, das, was Sie tun, in Liebe zu tun! Möge für Sie so 2024 ein Jahr der Liebe werden!   

Ihr Dompfarrer Superintendent Andreas Beuchel

 

Foto: Glasfenster „Abendmahl“, Dom zu Meißen, Hoher Chor, um 1260 fotografiert von Stephan Kühne